Warum ich diesen Blog schreibe


Als ich anfing, Leuten zu erzählen, dass ich einen Blog schreibe, wurde ich natürlich auch gefragt, warum ich das mache. Ich habe so in etwa geantwortet: Weil ich gern schreibe. Und weil ich eine Abwechslung zum Muttersein brauche. Dass das nicht die einzigen Gründe sind, und auch nicht die wichtigen, war mir da schon klar, aber ich konnte meine eigentliche Absicht noch nicht in Worte fassen. Jetzt will ich es versuchen.

Ein Grund ist wohl ein gewisses Sendungsbewusstsein. Ich gebe gern meine Erfahrungen und mein Wissen weiter. Erziehung ist für mich ein Herzensthema, auch wegen meinem Beruf (Lehrerin). Wobei ich den Begriff „Erziehung“ gar nicht so gerne mag, aber dazu ein andermal mehr.

Ich glaube, wie unsere Kinder aufwachsen ist extrem wichtig für ihre Zukunft, und deshalb sollten wir uns unbedingt Gedanken über das „Wie“ machen. Und dazu gehört, unsere eigenen Denkmuster zu hinterfragen. Das Schreiben hilft mir dabei, mich selbst zu reflektieren. Dazu könnte ich natürlich einfach nur für mich schreiben, aber die Tatsache, dass das auch ein paar Leute lesen, motiviert mich.

Im Moment bin ich sozusagen auf einem Erziehungs-Selbstfindungstrip, und mein Blog hilft mir dabei (ohne das anfangs beabsichtigt zu haben).

Und dann ist da noch etwas.

Ich finde, wir müssen unbedingt aufhören, zu glauben, dass wir perfekt sein müssen. Das ist, meiner Meinung nach, der nächste dringend notwendige Schritt der Emanzipation. Oder man kann es auch so betrachten: Bevor wir den nächsten Schritt gehen können, müssen wir uns von der Perfektion befreien, die wir von uns selbst und von anderen Frauen erwarten.

Denn was nützt uns eine Frauenquote, wenn wir es Frauen in Führungspositionen so dermaßen schwermachen? Und ja, es sind nicht allein die Männer, die es Frauen in höheren Positionen schwer machen, sondern viel mehr andere Frauen.

Natürlich wird auch von Männern viel erwartet, aber man macht ihnen auch Zugeständnisse. Wenn sie sich im Ton vergreifen, zum Beispiel. Oder wenn sie ihre Familie wegen des Jobs vernachlässigen. Oder wenn sie sexistisch sind. Oder wenn sie sich irren. Wenn ihr Führungsstil nicht besonders gut ist.

Wenn man solche Unzulänglichkeiten bei Frauen entdeckt, wird dagegen sofort ihre Position hinterfragt, und ihre Autorität in Frage gestellt. Mindestens aber wird über sie gelästert, und meistens sind es andere Frauen, die sich als erste das Maul zerreißen.

Was unser Familienleben anbelangt sind wir mindestens genauso perfektionistisch. Wir erwarten von uns, dass wir Kinder und Haushalt alleine perfekt managen, schließlich haben wir ja sonst nichts zu tun – oder wir haben dazu auch noch einen Job und erwarten da nicht weniger Perfektionismus. Dass ein Kind allein eigentlich schon wesentlich mehr als ein Vollzeitjob ist, lassen wir dabei außer Acht.

Und dann wollen wir auch noch großartige Mütter sein. Immer ruhig und geduldig, verständnisvoll, und voller Ideen, wie man den Tag füllen kann. Wenn wir eine Mutter sehen, die gerade ihr Kind anschreit, denken wir „Oh Gott, das arme Kind, so eine Rabenmutter.“ Wenn ein Kind am Spielplatz vom Klettergerüst fällt denken wir „na klar, wenn die Mama nur ins Handy schaut muss sowas ja passieren“. Wir denken nicht darüber nach, ob die Mutter heute vielleicht schon hundertmal Geduld bewiesen hat, nur eben nicht in diesem einen Moment. Oder dass wir selbst unsere Kinder eben auch ab und zu anschreien.

Dem möchte ich versuchen etwas entgegenzuwirken, indem ich mein eigenes, unperfektes Familienleben beschreibe. Das fällt mir nicht ganz leicht, denn auch in mir ist diese Erwartungshaltung an das weibliche Geschlecht (und damit auch an mich selbst) tief verwurzelt. Deshalb hoffe ich oft, dass ihr für Übertreibungen haltet, was eigentlich Untertreibungen sind. Aber ich bemühe mich um Realität.

Zum Glück bin ich damit nicht allein. Im Netz findet man viele Mamas, und auch Papas, die sich um genau das Bemühen: mehr Realität und weniger Perfektionismus. Ich hoffe, ich kann ein bisschen dazu beitragen.

Es macht keinen Sinn, aus allem einen Wettbewerb zu machen (das können übrigens Männer UND Frauen sehr gut). Es macht keinen Sinn, ständig die Fehler beim Anderen zu suchen, damit man sich selbst in seiner eigenen Unzulänglichkeit besser fühlt.

Viel besser wäre es doch, wenn wir uns gegenseitig unterstützen. Wenn es selbstverständlich ist, dass wir nicht perfekt sind. Wenn wir unsere und die Schwächen der Anderen akzeptieren, und unsere Stärken bestmöglich einsetzen, und so gemeinsam etwas zustande bringen. Großartige Kinder zum Beispiel.


2 Antworten zu “Warum ich diesen Blog schreibe”

  1. Liebe Sarah,

    habe heute zum ersten mal in deinem Blog gelesen. Das Nicht-Perfekt-Sein Dürfen ist ein Thema, das glaube ich viele angeht und angenehm berührt.
    Ja, es sollte viel selbsverständlicher damit umgegangen werden.
    Und in jeder Altersstufe bringt gegenseitige Unterstützung ein wirklich wirksames Umgehen miteinander.
    Auch die Kinder müssen nicht unbedingt „großartig“ sein. Es reicht ein guter Kontakt zu den Stärken und Schwächen des Gegenübers.

    Herzliche Grüße und weiterhin viel Freude mit deinem Blog, Moni

    • Liebe Moni,

      Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich freue mich, dass du reingeschaut hast 🙂
      Ja, das mit den Kindern ist ein wichtiger Aspekt. Oft haben wir auch an sie viel zu hohe Erwartungen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert